Hinweis: Der Zafit Trail bei En Gedi führt vom Toten Meer hoch in die Berge. Diese Wanderung ist nur für erfahrene Bergwanderer gedacht, die natürlich schwindelfrei sein müssen. Die beste Jahreszeit für diese Rundwanderung ist November bis April, solange es trocken und die Temperatur noch angenehm ist (bis zirka 25°C). Wir sind hier fast die ganze Zeit der Sonne ausgesetzt, weswegen Hut bzw. Kopfbedeckung unbedingt erforderlich sind. Desweiteren Sonnenschutz und gute Wanderschuhe. Je nachdem, wie warm und sonnig es ist, muss man 3-4,5L Wasser pro Person mitnehmen. Dabei empfiehlt sich ein richtiger Wanderrucksack mit 2L oder 3L Wasserblase/Trinkschlauch. Die Wanderung muss vor 10-11 Uhr beginnen. Am besten startet man früh um 8 Uhr, wenn der Park öffnet.

Der Wanderweg ist zwar nicht sonderlich lang, aber oft steil bzw. technisch anspruchsvoll. Ich habe den Trail jetzt im April gleich zweimal gemacht, das erste Mal mit unserer Wandergruppe, das zweite Mal alleine, um mehr Zeit für die Fotografie zu haben.
En Gedi Naturschutzgebiet
Der Zafit Trail liegt im En Gedi Naturschutzpark. Doch der Wanderweg beginnt an der En Gedi Feldschule (mit „Ein Gedi Field School“ beschildert)! Zunächst muss man Eintrittskarten besorgen – mehr dazu auf Englisch unter https://www.parks.org.il/en/reserve-park/en-gedi-nature-reserve/. Die englischsprachige Broschüre mit Hinweisen und einer Karte kann man hier herunterladen. Die Eintrittskarten können am Eingang zum En Gedi / Nahal David Naturreservat gekauft werden. Dabei sollte man dem/der Mitarbeiter/in an der Kasse Bescheid geben, welchen Pfad man geht.

Anstatt an der Kasse vorbei den Nahal David Naturpark zu betreten, gehen wir zurück und überqueren das trockene Nahal David Bachbett Richtung En Gedi Jugendherberge. In den frühen Morgenstunden ist dabei der nubische Steinbock ein regulärer Gast am Parkplatz und im Wadi.
Wir folgen der kleinen Asphaltstraße und den schwarzen Markierungen vorbei an der Jugendherberge und der Feldschule. Schließlich erreichen wir auf der anderen Seite der Feldschule ein kleines Amphitheater, darüber ein Zaun mit einem Tor. Wer bezahlt und sich angemeldet hat, dem öffnet die freundliche Stimme am anderen Ende der Leitung das Tor. Der Aufstieg wird jetzt relativ steil, teilweise über loses Geröll. Nach 15-20 Minuten erreichen wir eine Gabelung mit einem Wegweiser.
Zafit Trail
Von hier folgen wir den roten Markierungen des Zafit Trails.

Kurz nach der Gabelung muss man schon klettern, aber nur über ein kurzes Stück. Diesmal ist es einfach.

Einmal oben angelangt, führt der Weg entlang der Steilwand zum Trockenen Canyon. Der Blick von hier ist atemberaubend. Unter uns befindet sich der Nahal David oder „Davidbach“. Im Westen erhebt sich der Berg Yishay und das Hochplateau. Bis zum Sechs-Tage-Krieg im Jahre 1967 befand sich dort oben am Rande der Hochebene die Grenze zum jordanisch besetzten Westjordanland. Israels Soldaten mussten dort mühsam, den ganzen Proviant mit sich schleppend, hinauf zur Hochebene klettern. Die Jordanier dagegen patrollierten die Grenze bequem in englischen Land Rover Fahrzeugen.

Der Wanderweg ist jetzt einfach und fast eben. Nach zirka 1,5 km erreichen wir einen Wegweiser, wo der Zafit Trail auf den Trockenen Canyon stößt. Von dieser Wegkreuzung führt ein Trail hoch zum Berg Yishay (grün markiert), die andere Richtung führt oben entlang des Trockenen Canyon. Der Zafit Trail (rot) biegt hier links in den Trockenen Canyon.

Trockener Canyon
Jetzt beginnt der abenteuerliche Teil der Wanderung. Für den Trockenen Canyon ist viel Klettern angesagt. Oft helfen eiserne Griffe, die in den Fels eingelassen wurden. Aber genauso oft vermisst man diese und zum Festhalten gibt es dann eben glatte Felsen. Das erfordert dann etwas Geschick, vor allem, wenn man den Canyon wieder verlassen möchte.

Auf dem Wegweiser steht „Window Fall / Zafit Trail“. Wir folgen den roten Markierungen in die Schlucht hinein. Für diejenigen, die sich das Klettern (und damit den Trockenen Canyon) ersparen möchten, führt der grün markierte Weg oben entlang der Schlucht weiter zum Chalkolitischen Tempel und Nahal David (Achtung: nicht zum Berg Yishay, sondern in die entgegengesetzte Richtung).
Je tiefer wir in die Schlucht eindringen, desto größer die Herausforderung. Die Strudeltöpfe und Kolke, die oft noch mit Wasser gefüllt sind, werden immer häufiger. Strudeltöpfe oder Kolke bzw. Gumpen entstehen durch Evorsion. Die im Winter bei Regen entstehenden Sturzfluten führen Sand und Steine mit, die den Fels abschleifen. Durch Strudel und Wasserwalzen bilden sich dann trichter- bzw. kesselförmige Vertiefungen, die oft das ganze Jahr noch Wasser führen.
An sonnigen Tagen kann man sich die Sturzfluten nur schwer vorstellen, doch in der Regenzeit führen sie immer wieder zu tödlichen Unglücken. Aus diesem Grund ist dieser Wanderweg bei Regen- oder Flutwarnung stricktestens verboten. Auch sollte man nicht in die Wasserlöcher steigen – sie sind teilweise tief.

An einem Punkt führen die roten Markierungen rechts aus der Schlucht heraus. Diesem Weg werden wir später folgen. Wir klettern aber entlang der Eisengriffe geradeaus weiter und dann hinunter in den Canyon.

Immer enger wird die Schlucht, immer mehr Wasserlöcher müssen wir umgehen bzw. darüber klettern. Oft ist der Fels spiegelglatt, weshalb besondere Vorsicht geboten ist.
Dabei kommen wir nur langsam voran, doch nähern wir uns dem Höhepunkt.
Fenster-Wasserfall
Gegen Ende wird der Canyon zu einer engen, gewundenen Schlucht. Manchmal scheint es fast, man würde eine Höhle betreten.
Mindestens an zwei Stellen ist das Klettern etwas schwierig, wegen des glatten Felses. Hier ist es gut, wenn man jemanden hat, der helfen kann. Vor uns befindet sich jetzt der Fenster-Wasserfall (warum der wohl so heißt?).
Nachfolgend noch ein Foto vom Fenster-Wasserfall. Vorsicht, vor mir geht es senkrecht ca. 20m nach unten.

So sehr ich auch versuche, geben die Fotos hier nicht wirklich das wieder, was man hier sieht. Die Schlucht und der Blick auf die Landschaft sind einfach spektakulär. Dieser Ort ist so außergewöhnlich, dass ich zwei Wochen später gleich nochmal hinwandern musste.

Es gibt viele großartige Landschaften hier in Israel, aber dieser Platz ist besonders. Zugegeben haben die angenehmen Temperaturen von nur 22°-26°C mit zu dem tollen Erlebnis beigetragen. Ich möchte diese Wanderung keinesfalls an einem heißen Tag machen wollen (35°-40°C sind hier ganz normal). Hier unten ein Selfie, wo die Kamera vor dem Abgrund steht und in die Schlucht hinein fotografiert.

Nach einer wohlverdienten Pause mach wir uns auf den Rückweg. Wir kehren zurück zu der Stelle, wo die roten Markierungen den Ausstieg aus der Schlucht zeigen. Ein Wegweiser zeigt „En Gedi Springs“ an, diesem Weg folgen wir. Falls Sie doch Höhenangst haben oder sich beim Hochklettern in den Felsen unsicher fühlen, gehen Sie besser an den Anfang des Canyons zurück biegen dann links ab, den grünen Markierungen folgend.

Wir klettern die Schlucht auf der linken Seite hinauf und folgen dabei den roten Markierungen. Der Aufstieg ist nicht schwer, man muß aber vorsichtig sein, da bei manchen Steinen die Gefahr besteht, dass sie sich lösen. Am Ende des Aufstiegs mündet der Weg in den grün markierten Pfad, dem wir Richtung Osten zu den En Gedi Quellen folgen.

Chalkolitischer Tempel
Über der Schlucht des Trockenen Canyons führt der Weg Richtung Totes Meer. Nach einer Weile blicken wir nach hinten und sehen den Fenster-Wasserfall, wo wir vor kurzem waren.

Mit der Zeit geben die Berge den Blick frei auf einen herrlichen Panaromablick über das Tote Meer und Moab auf der jordanischen Seite.

Schließlich steigen wir hinab zum chalkolitischen Tempel, der auf etwa 3500 Jahre vor unserer Zeitrechnung datiert (mittlere bis späte Kupfersteinzeit). Nur etwa 12 km von hier, in einer Höhle im Nahal Mishmar, haben Archäologen einen Schatz von über 400 Gegenständen gefunden. Die meisten dieser außergewöhnlichen Objekte waren aus Kupfer gefertigt, einige aus Nashorn- und Elefantenelfenbein bzw. aus Stein. Dieser Schatz (eine Auswahl davon) wird im Israel Museum in Jerusalem ausgestellt. Wissenschaftler glauben, dass diese Gegenstände – oft Kultobjekte – aus diesem Tempel genommen und in der Höhle versteckt wurden.

Dodim-Höhle
Wir wandern weiter Richtung Norden auf einem unmarkierten aber gut sichtbaren Weg Richtung Nahal David und Shulamit-Quelle. An einer Biegung steht ein Wegweiser zur Dodim-Höhle. Diesem Weg folgen wir hinunter bis zum David-Bach. Der Nahal David tritt unterhalb des Fenster-Wasserfalls an die Oberfläche und fließt weiter bis kurz vor dem Parkeingang im Tal, wo das Wasser wieder im Geröll versickert.

Obgleich die natürlichen Wasserbecken sehr einladend wirken, gehen wir noch etwas weiter bachabwärts. Über steile Stufen und letztlich wieder eine Felsleiter erreichen wir schließlich die Dodim-Höhle.

Der Ort wirkt verzaubernd. Kein Wunder, dass er viele Besucher anlockt, insbesondere junge Pärchen. Ist das die Höhle, die im 1. Buch Samuel Kapitel 24 beschrieben wird? „Und David stand auf und schnitt heimlich einen Zipfel von dem Oberkleide Sauls ab.“

Wir steigen wieder die Felsleiter hinauf werfen einen letzten Blick auf den unteren Teil des Nahal David.

David-Wasserfall
Zurück am Wegweiser folgen wir den unmarkierten, aber gut ausgetretenen Weg hinunter in das „Wadi David“. Nach vielleicht 100 Metern kommen wir an der Shulamit-Quelle vorbei, eine der vier ganzjährigen Quellen in der Umgebung von En Gedi. Der nun folgende Abstieg ist recht steil, aber gut ausgebaut. Im Tal angekommen gehen wir links zum David-Wasserfall.
Vom David-Wasserfall folgen wir dem „Exit“-Wegweiser und nehmen den oberen Weg hinunter zum Eingang des Naturparks und zum Parkplatz. Unterwegs begegnen wir eventuell weiteren Steinböcken sowie den hier weit verbreiteten Klippschliefern oder Klippdachsen.
Der gesamte Wanderweg dauert etwa 5-6 Stunden, wenn man die Pausen mit einrechnet. Er kann um zirka eine Stunde verkürzt werden, wenn man die Dodim-Höhle auslässt.
Die hier beschriebene Wanderung sollte (beim ersten Mal) nur mit lokalem Wanderguide unternommen werden, der mit dem Weg vertraut ist. Das En Gedi Naturschutzgebiet bietet weitere Wanderwege an, in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die anfangs verlinkte Broschüre gibt weitere Auskunft dazu.
Wie immer, stehe ich gerne für die Planung und Durchführung als Wanderguide zur Verfügung.
Weitere Informationen und Buchungen
Bis bald in Israel,
Heiko Sieger